100 % Sanktionen durch die Hintertür

Vier ArbeitsministerInnen von CDU/CSU geführten Bundesländern versuchen die 100 % Sanktionen, die vom Bundesverfassungsgericht als grundgesetzwidrig eingestuft wurden, durch die Hintertür wieder einzuführen.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 5. November 2019 den Gesetzgeber zur Auflage gemacht, die Sanktionsparagrafen neu auszugestalten. Hierbei sollte berücksichtigt werden, dass die Sanktionen im SGB II eine Höhe von 30 % nicht überschreiten dürfen.

Auch die bis dahin starren Sanktionsregelungen von drei Monaten, die nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind, sollten im neu ausgestalteten Gesetz geändert werden.

Robert Schwedt, Mitglied im SprecherInnenrat der BAG Hartz IV meint dazu: „Es war zu erwarten, dass beim Gesetzgebungsverfahren alles darangesetzt wird, die klaren Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu unterlaufen.

Einen ersten Aufschlag dazu, lieferte bereits kurz nach der Verkündung des Urteils das Bundesministerium für Arbeit. In seiner ersten Vorlage zu den fachlichen Weisungen zu § 31 und § 32 SGB II, Sanktionen aus Pflichtverletzungen und Meldeversäumnissen addiert werden sollten, und damit die Obergrenze von 30 % überschritten würde.

Nur einer raschen und massiven Gegenwehr aus weiten Teilen der Gesellschaft ist es zu verdanken, dass dieses Vorhaben nicht umgesetzt werden konnte.“

Die vier ArbeitsministerInnen von der CDU/CSU möchten nun einen anderen Weg beschreiten.

Sie streben an, dass die „Pflicht zur Arbeitsaufnahme“ eine „Anspruchsvoraussetzungen“ für den Leistungsbezug wird.

Verweigert man „grundlos“ eine Arbeitsaufnahme, entfällt der Anspruch auf Leistungen.

Eine Ausformulierung, wie sie nachher im Gesetz stehen soll, blieben die vier ArbeitsministerInnen jedoch schuldig.

Somit ist anzunehmen, dass das ohne hin schon „schwammig“ formulierte SGB II durch weitere unbestimmte Rechtsbegriffe ergänzt wird, und somit den Jobcenter überlassen wird, diese auszulegen.

Dagmar Maxen, Mitglied im SprecherInnenrat der BAG Hartz IV äußert sich dazu wie folgt: „Im Jahr 2018 waren 35 % aller Widersprüche und 40 % aller Klagen gegen Bescheide der Jobcenter teilweise oder voll erfolgreich.

Somit kann man davon ausgehen, dass jede dritte Entscheidung des Jobcenters falsch ist.

Mit diesen neuen Zugangsvoraussetzungen, und der Auslegung der Jobcenter was eine „grundlose“ Verweigerung einer Arbeitsaufnahme ist, ist der Willkür in den Jobcentern Tür und Tor geöffnet und würde eine massive Widerspruchs- und Klagewelle nach sich ziehen.

Das menschliche Elend, dass eine Verweigerung der Leistungen mit sich bringt, würde ein Ausmaß annehmen, dass mit Sicherheit nicht mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in Einklang zu bringen ist.“

Für die BAG Hartz IV steht fest, das Prinzip der Menschenwürde gilt bedingungslos und darf nicht gekürzt werden, auch nicht durch die Hintertür!