Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt

Eine kleine Anfrage der Fraktion der Partei DIE LINKE ergab, dass im Jahr 2018, 35 % aller Widersprüche und 40 % aller Klagen gegen Bescheide der Jobcenter teilweise, oder voll erfolgreich waren.

Daraus folgt, dass 61 % der Entscheidungen oder der Leistungsberechnungen der Jobcenter den Widersprüchen und Klagen, nicht, oder nur teilweise standhalten, konnten.

 

Robert Schwedt Mitglied im SprecherInnenrat der Bundesarbeitsgemeinschaft Hartz IV meint dazu: „Sehr viele Leistungsbescheide sind falsch, die wenigsten Betroffenen legen jedoch Widersprüche gegen die Bescheide ein, und noch weniger Klagen vor Gericht.

Dies liegt zum einen daran, dass die Menschen sich fürchten bei einem Widerspruch oder einer Klage gegen das Jobcenter schikaniert zu werden.

Für viele andere sind die Leistungsbescheide und das „Jobcenter Deutsch“ nicht durchschaubar und verständlich.

Diese Mischung aus Angst und Unverständnis führt dazu, dass viele auf ihr Recht des Widerspruchs oder der Klage verzichten.“

Im Jahr 2018, wurden 600.000 Widersprüche eingereicht und 105.000 Klagen geführt.

Leider ist nicht bekannt, wie viel Bescheide im Jahr 2018 von den Jobcentern erlassen wurden.

Geht man nur schon davon aus, dass ca. 2,8 Millionen Bedarfsgemeinschaften je einen Bescheid im Jahr über ihre Leistungen bekommen und einen Bescheid, dass sich diese Leistungen ändern, macht dies allein schon 5,6 Millionen Bescheide aus.

Die tatsächliche Anzahl der Bescheide liegt jedoch mit Sicherheit um ein Vielfaches höher, da nicht nur Leistungsbescheide erlassen werden, sondern auch Anträge beschieden werden.

Dies verdoppelt, wenn nicht sogar vervielfacht die Anzahl der Bescheide der Jobcenter.

Rechnet man nur schon mit einer Verdoppelung, beträgt die Anzahl der Bescheide 11,2 Millionen. Dies bedeutet, dass nicht einmal gegen jeden zehnten Bescheid Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben wird.

Jürgen Steinhof, Mitglied im SprecherInnenrat der Bundesarbeitsgemeinschaft Hartz IV äußert sich dazu wie folgt: „Die Angst und Unwissenheit der Leistungsberechtigten ist für das Jobcenter ein gutes Geschäft.

Denn in allen Fällen, in denen es um Leistungen oder Anträge geht, ist Geld im Spiel das die Jobcenter durch fehlerhafte Leistungsbescheide und die unrechtmäßige Ablehnung von Anträgen einsparen.

Ich wage gar nicht mal zu schätzen, wie viel Geld den Leistungsberechtigten durch fehlerhafte Bescheide verloren geht.“

Die BAG Hartz IV, kann daher nur allen Betroffenen raten, Leistungsbescheide und abgelehnte Anträge von einer Sozialberatung überprüfen zu lassen, um festzustellen ob die Jobcenter richtig gehandelt haben.

Auch sollte man keine Angst davor haben, Widersprüche zu stellen und Klage zu erheben, da dies unserer Erfahrung nach in den seltensten Fällen dazu führt, dass das Jobcenter versucht Druck auf die Betroffenen auszuüben. Hier haben wir eher die Erfahrung gemacht, dass diejenigen die sich wehren, von den Jobcentern vorsichtiger behandelt werden, um nicht weitere Widersprüche und Klagen zu provozieren.