Jobcenter müssen ein Kind mit Rechtschreibschwäche fördern

Ingo Meyer

Kinder mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche haben Anspruch auf Lernförderung durch das Jobcenter.

Denn das Ziel solcher Maßnahmen ist nicht vorrangig, die Versetzung zu gewährleisten, sondern die Herstellung und Sicherung von Chancengleichheit für Kinder aus Hartz IV- Familien. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts hervor (Aktenzeichen B 4 AS 19/17 R). bezogen auf  die Urteile Sozialgericht Lübeck – S 40 AS 785/12, Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht – L 3 AS 195/13

Bei einem Schüler aus Bad Segeberg wurde im Jahre 2011 in der dritten Klasse eine Lese-Rechtschreib-Schwäche festgestellt. Die Schule und ein Arzt bescheinigten, dass eine Förderung zwingend nötig sei. Das Kind besuchte daher Kurse der Volkshochschule. Die  entsprechenden Kursgebühren lagen zwischen 56 und 89 Euro pro Monat.  Die Mutter beantragte 2012 die Kostenübernahme. Das Jobcenter weigerte sich jedoch.  Begründet wurde diese Ablehnung damit, dass eine Förderung nur auf kurzfristiger Basis vorgesehen sei, und zwar insbesondere im Hinblick auf die Versetzung. Diese war bei dem Jungen aber nicht in Gefahr. Denn der Legastheniker hatte gute Noten, da in Fällen wie diesen die Rechtschreibung aufgrund eines ministeriellen Erlasses nicht in die Benotung einfließen darf.

Das Bundessozialgericht wies diese Einschätzung des Jobcenters zurück . Angesichts der Lese-Rechtschreib-Schwäche dürfe man nicht von den Maßstäben für eine normale Nach- hilfe und damit kurz greifenden Maßnahmen ausgehen. Das Ziel  der Lernförderung sei komplexer und müsse sich an der Forderung des Bundesverfassungsgerichtes nach Chancengleichheit ausrichten. Hier stünden nicht die Schulergebnisse im Vordergrund, sondern der Erwerb der Kulturtechniken Lesen und Schreiben.

Der Fall geht jetzt zurück an das Landessozialgericht (LSG) Schleswig-Holstein. Es muss laut dem Bundessozialgericht die Lese-Rechtschreib-Schwäche des Schülers näher beurteilen und anhand aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse prüfen, welcher Unterricht im konkreten Fall geeignet ist.  Der Einschätzung des LSG, dass die Leistungen im Rahmen der Lernförderung für eine längere Zeit zu gewähren sind, stimmte das Bundessozialgericht zu. Dabei sind auch die  jobcenter  gefordert. Sie müssen sich nun eingehender damit befassen, welche Förderung angemessen ist.